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Franken+Oberpfalz
in the middle of nirgendwo
in the middle of nirgendwo. Auf der Suche nach gut versteckten Kunstschätzen und dem fränkischen Selbstverständnis
 
Steigerwald:
Der Steigerwald ist eine Grenzregion zwischen Wein- und Bierfranken mit der Weltkulturerbe Stadt Bamberg als Zentrum. Der nördliche Steigerwald zeichnet sich durch eine enorme Brauereiendichte aus, von denen viele seit langem in Familienbesitz sind. Dementsprechend kann man dort individuelle Biere in einer großen Sortenvielfalt verkosten. Das südlich davon gelegene „Weinparadies Franken“ verdankt seine Weine nicht nur Abt Degen (s.u.), sondern vor allem dem für den Steigerwald typischen Keuperboden. In Heckenwirtschaften und unzähligen Weinfesten kann man bis tief ins Glas schauen, um den darin verborgenen Geist zu finden. Verkauft wird der Wein im bauchigen Bocksbeutel, der seinen Ursprung in der tönernen keltischen Flachkugelflasche hat. Seine Form ist europaweit geschützt und darf nur mit Spitzenweinen befüllt werden. So viel Alkohol braucht eine natürliche Grundlage, die hier mit der Häckerbrotzeit geschaffen wird. Was dem Altbayern sein „Obazda“ ist dem Franken der „Gerupfte“ und zum Wein gibt es gerne Flammkuchen. Bleibt nur zu hoffen, dass man dies alles auch gut verträgt.

Der Naturpark Steigerwald ist gekennzeichnet durch seine dichten Wälder, weitläufigen Panoramen und ausgedehnten Flusslandschaften. Seine Laubwälder erstrecken sich zwischen Ebrach, Altmann und Gerolzhofen auf über 11.000 Ha. In seiner abwechslungsreichen Landschaftsstruktur hat sich eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt erhalten, die wie die Wildkatze oder der Schwarzstorch woanders sehr selten geworden sind. Der südliche Steigerwald, mit seinen Hute- und Mittelwäldern, beheimatet 950 von ca. 1300 in Deutschland bekannte Großschmetterlingsarten. Diese Mittelwälder gehören ebenso wie die Freimarkung Osing (die letzte Markgenossenschaft in Deutschland mit dem größten Gemeinschaftsbesitz Europas) zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO. Der Mittelwald ist durch Jahrhunderte langen Einschlag des Unterholzes als Brennholz und gleichzeitiger Schonung des Oberholzes entstanden. Seine lichten Stellen am Boden und seine breitkronigen Eichen verleihen ihm sein charakteristisches Aussehen und ermöglichen eine vielfältige Flora und Fauna. Er ist das letzte großflächig genutzte Mittelwaldgebiet Deutschlands.

2021 feierte der Naturpark Steigerwald sein 50 jähriges Jubiläum. Nahezu ebenso lange währt der erbitterte Kampf darum, ob der Naturpark auch Naturschutzpark werden soll. Um den Wald auch für künftige Generationen zu erhalten, werden die bestehenden Naturwaldreservate um Ebrach, in Obersteinbach und in Zell erweitert, um eine natürliche und ungestörte Entwicklung im Lebensraum Wald zu ermöglichen (sog. Trittstein-Konzept, das den „Schutz trotz Nutzung“ postuliert). Nicht minder emotional verlaufen die Fronten und Meinungen hinsichtlich einer Neuansiedlung von Luchsen in dieser dünn besiedelten Region. Den Einen ist er nützlicher Helfer, um die Population von Rehwild und somit den Waldverbiss in Schranken zu halten, den Anderen ist er der Mörder des gehegten Rotwildes.
 
Kraftbäume
Auch im Steigerwald gibt es einige besondere Bäume, die als Naturdenkmäler eingeordnet wurden. Dazu gehören die vier alten, landschaftsprägenden Bäume um Ebersbrunn, eine Rotbuche, eine Eiche und zwei Holzbirnbäume und die Kaisereiche bei Füttersee, die als einer der ältesten Solitärbäume in Deutschland gilt. Auch eine Eiche bei Ilmenau und die Dorflinde von Neugrub wurden als Naturdenkmal eingeordnet. Nicht vergessen die Jahrhunderte alte Kilianseiche südliche von Falsbrunn oder die Buchen im Waldlehrpfad „Kleinengelein“ bei Obersteinbach.

Erschlossen wird der Steigerwald von zwei großen Radwegen (2FrankenRadweg und dem Aischtalradweg) und vielen kleineren Themenwegen. Seine Wege sind zumeist bestens ausgeschildert und präpariert. Highlight im wahrsten Sinne des Wortes ist der Baumwipfelpfad Steigerwald in Ebrach, der mit seinem kelchförmigen Turm für spektakuläre Weitblicke sorgt und überraschende Einsichten in die unterschiedlichen Lebenswelten am Boden und in der Höhe vermitteln hilft.
 
3-Franken-Stein
Im Steigerwald befinden sich nicht nur die berüchtigten Räuber, sondern auch die 3-Franken-Steine, die am Treffpunkt der drei fränkischen Regierungsbezirke Ober-, Mittel- und Unterfranken aufgestellt wurden. Sie sollen das Herz Frankens und die Zusammengehörigkeit aller Franken symbolisieren. Mit der Eingliederung Frankens zu Bayern 1806 wurde dieses zunächst zu den neuen Verwaltungskreisen Obermain, Untermain und Rezatkreis, um den alten Namen Franken von der Landkarte zu löschen. Um jedoch weiteren Unmut in der hiesigen Bevölkerung zu verweiden, wurde dieser Verwaltungsvorgang 1837 rückgängig gemacht. Der erste Drei-Franken-Stein, eine 1,35 Meter hohe Sandsteinsäule, wurde 1892 unweit der Reichen-Ebrach-Quelle aufgestellt. Da sich 1972 im Rahmen der Gebietsreform die Grenzen der Regierungsbezirke verschoben, wurde 1979 ein neuer, größerer Grenzstein errichtet, der sich zu einem beliebten Ausflugsziel und Veranstaltungsort entwickelt hat.
 
Fränkisches Demokratieverständnis
Im Gaibacher Schlosspark bei Würzburg steht die 32 m hohe Konstitutionssäule. Das Monument soll an die bayerische Verfassung von 1818 erinnern, mit der König Max Joseph einen Teil seiner Macht an eine gewählte Volksvertretung abgab und ungewollt den Grundstein auf den Weg zur (viel) späteren Demokratie legte. Schon damals fanden hier Verfassungsfeiern statt, auf denen liberales Gedankengut postuliert wurde. Große Hoffnungen wurden deshalb dem neuen König Ludwig I. entgegengebracht (Krönung 1830 im Jahr der Pariser Revolution). Allein sie erfüllten sich nicht. 1832 ließ Ludwig im Anschluss an das „Hambacher Fest“, das Tausende von Demokraten zu einem „Nationalfest der Deutschen“ ausgerufen hatten, die Verantwortlichen verhaften und die Pfalz militärisch besetzen. Blieben dort die Richter standhaft, so wurden im rechtsrheinischen Bayern 142 Angeklagte zu hohen Haftstrafen verurteilt. Im gleichen Jahr fand auch an der Konstitutionssäule eine von dem Publizisten Gottfried Eisenmann  und dem Staatsrechtler Wilhelm Josef Behr organisierte Veranstaltung statt. Beide wurden wegen „Majestätsbeleidigung“ und „Hochverrat“ zu mehrjähriger Festungshaft verurteilt. 1834 ließ deshalb Georg Büchner hasserfüllt in einem Flugblatt verlauten:

„Seht das von Gott gezeichnete Scheusal, den König Ludwig I. von Baiern, den Gotteslästerer, der redliche Männer vor seinem Bilde niederzuknien zwingt und die, welche die Wahrheit bezeugen, durch meineidige Richter zum Kerker verurteilen lässt; das Schwein, das sich in allen Lasterpfützen von Italien wälzte, den Wolf, der sich für einen Baals-Hofstaat für immer jährlich fünf Millionen durch meineidige Landstände bewilligen lässt, und fragt dann: „Ist das eine Obrigkeit von Gott zum Segen verordnet?“ Ha! Du wärst Obrigkeit von Gott? Gott spendet Segen aus; du raubst, du schindest, kerkerst ein; du nicht von Gott, Tyrann“.
 
Hildebrand Gurlitt
Am 14.4.1945 hat das Örtchen Aschbach vor den Amerikanern kapituliert. Knapp 3 Wochen vorher am 25.3.1945 kam dort ein hagerer, abgezehrter Mann mit seiner Familie an: Hildebrand Gurlitt. Er bat den Baron von Pölnitz, dem das dortige Schloss gehörte, um Aufnahme. Dabei hatte er über 50 Kisten mit Büchern, Rahmen und Kunstgegenständen. Diese wurden wie die schon dort lagernden Bestände aus anderen Sammlungen, von Freunden und Bekannten von Pölnitz, sowie Museumsbeständen, zunächst im Schloss eingelagert. Auch die Familie Gurlitt fand dort für 3 Tage Aufnahme. Danach konnte sie sich in dem alten, feuchten Wächterhaus auf dem Schlossgelände einquartieren. Im Schloss selbst hatte sich schon vor einiger Zeit ein anderer Kunsthändler einquartiert, Gurlitts Vorgänger beim „Sonderauftrag Linz“, Karl Haberstock. Das einst freundschaftliche Verhältnis hatte sich durch die Ablösung Haberstocks verschlechtert, die räumliche Nähe tat ein übriges.

Hildebrandt Gurlitt stammte aus einer angesehenen Künstler- und Gelehrtenfamilie. Sein Vater war Professor für Architektur in Dresden, sein Bruder hatte eine Professur für Musikgeschichte inne, seine Schwester war Malerin und sein Cousin betrieb eine Kunsthandlung mit Verlag in Berlin. Er selbst engagierte sich stark für die Künstler seiner Zeit, vornehmlich für die Expressionisten, war publizistisch tätig, bis er zum Leiter des Kunsthauses Chemnitz ernannt wurde. Sein Umbau des Museums hin zu „entarteter Kunst“ gefiel nicht allen, vornehmlich den dort schon früh vor der Machtübernahme 1933 herrschenden Nationalsozialisten. Sie entfernten ihn zügig aus seinem Amt. Gleiches widerfuhr ihm 1933 als Leiter des Kunstvereins Hamburg. Da er zudem Vierteljude war, wurde ihm eine weitere öffentliche Anstellung verwehrt. Zwangsweise gründete er in Hamburg ein Kunstkabinett, in dem er „hinter dem Vorhang“ weiterhin für „seine“ Künstler eintrat. Nach der Entfernung der „entarteten Kunst“ aus öffentlichen Museen, war Gurlitt einer von 4 Kunsthändlern, die mit dem Verkauf dieser Kunst betreut wurden. Mit der Eroberung von Paris, explodierte dort der Kunstmarkt. Viele Kunstschätze wurden freiwillig verkauft, eine ungeheure Menge wurde jedoch jüdischen Händlern und Sammlern abgepresst, gelangte so in den Verkauf oder direkt in die großen Hände von Göhring. Auch Gurlitt war in Paris aktiv. Er kaufte und verkaufte, oft an deutsche Sammler und Museen. Durch seine guten Kontakte und Sprachkenntnisse, wurde er trotz seiner Herkunft für die Machthaber interessant. Hitler plante in Linz ein gigantische Museum deutscher Kunst, für das der „Hunger“ nahezu unermesslich war. Nach der Absetzung von Karl Haberstock, war Gurlitt einer der Händler der für Nachschub für dieses Museum zu sorgen hatte. Aus dieser Zeit kannte er auch von Pölnitz. Dieser war in Paris als Luftwaffenoffizier stationiert und als Amateurhändler u.a. für Haberstock tätig.

Nach der Ausbombung in Hamburg war Gurlitt mit seiner Familie wieder in sein Elternhaus nach Dresden gezogen. Seit Oktober 1943 hatte er auch dort vorsorglich Teile seiner Sammlung bzw. seines Galeriebestandes in eine alte Schmiede in Possendorf und in andere Museumsdepots eingelagert. Bei dem großen Bombenangriff auf Dresden, am 13. Februar 1945, dem 25.000 Menschen zum Opfer fielen, brannte auch sein Haus komplett aus. Der Leiter des „Sonderauftrags Linz“, Hermann Voss, riet ihm daraufhin sich in den „sichern Hafen“ Mainfranken zurückzuziehen. Gurlitt konnte rechtzeitig vor der Einnahme Dresdens einen Lastwagen organisieren, einen Teil seiner Sammlung mitnehmen und nach Aschbach bringen.

Kurz nach der Einnahme Aschbachs kamen die Monuments Men, die MFAA, eine amerikanische Sondereinheit zur Rückführung geraubter Kunst. Sie interessierten sich besonders für Haberstock, seine Rolle hinsichtlich des „Sonderauftrag Linz“  und seine Sammlung. Haberstock, so die amerikanische Einschätzung, sei „der berüchtigtste Kunsthändler in Europa. Er war Hitlers privater Kunstsammler und riss jahrelang mit illegalen, skrupellosen und sogar brutalen Methoden Kunstschätze in Frankreich, Holland, Belgien und sogar in der Schweiz und Italien an sich. Sein Name ist berüchtigt bei allen ehrenwerten Sammlern in Europa“ (zit. nach Remy, S. 336). Die Monuments Men nahmen ihn zu tagelangen Verhören mit. An Gurlitt hatten sie trotz seiner ihnen bekannten Verbindungen zu hohen Nazis, zunächst kein gesondertes Interesse. Er nutze dies und verbrachte zusammen mit dem Sohn von Pölnitz einen Teil seiner Kunstwerke in eine fränkische Wassermühle. Kein idealer Ort für die Unterbringung von Kunst. 85 Objekte mussten danach aufwändig restauriert werden, einige waren komplett zerstört.
 
Doch Gurlitts „Pakt mit dem Teufel“ wie er in seinen Tagebüchern in Anspielung auf die Rede Thomas Manns seine Mitwirkung an Kunsterwerbung für das System bezeichnete, holte auch ihn ein. Mannigfache Denunziationen und alte Nazis in neuen wie alten Positionen vereinfachten seine Situation nicht. Doch schlussendlich konnte ihm nichts entscheidendes nachgewiesen werde und er erhielt, auch auf Intervention von Kollegen, Sammlern und Museen, den lange ersehnten „Persilschein“. Reste seine Sammlung konnte er schon im Frühjahr 1946 aus der SBZ retten. Im Januar trat er seine neue Stellung als Leiter des Kunstvereins in Düsseldorf an und übersiedelte mit seiner Familie dorthin um. Er starb bei einem Autounfall.

Trotz des anfänglichen großen weltweiten Pressewirbel um den Fund einer riesigen Raubkunstsammlung, an dem sein Sohn Cornelius, zugrunde ging, hat sich herausgestellt, dass Hildebrand Gurlitt seine Kunstwerke hauptsächlich legal erworben hatte. Bei lediglich einem kleinen Prozentsatz bestätigte sich die Erstvermutung. Diese Objekte wurden mittlerweile restituiert. Der sog. Fall Gurlitt hat dazu geführt, dass sich auch öffentliche Einrichtungen Gedanken zur Herkunft ihrer Kunstwerke machen mussten und bewirkte eine Initialzündung bei der Provenienzforschung. Einige Museen, vornehmlich völkerkundliche, haben damit aber immer noch erhebliche Probleme.
 
Route
Nachdem sich die Gegend mit öffentlichen Verkehrsmittel leider nur schwer erschließen lässt, bleibt nur der eigene PKW. Ausgangspunkt ist eine beliebte Staustelle der B3 nach Würzburg, Schlüsselfeld. Von seinem spätmittelalterlicher Markt mit barocken Bürgerhäusern und dem Petrusbrunnen im Tal der Reichen Ebrach erahnt und sieht der staugeplagte Autofahrer natürlich nichts. Von hier aus geht es nach Burghaslach.
 
Eigentlich ist seine Geschichte schnell erzählt. Der Name leitet sich von „Castrum Haselach“ oder der Burg Haselach ab, die später als Lehen an die Grafen von Castell fiel. Nach vielen Besitzerwechseln wurde das Schloss in den Jahren 1822 bis 1826 im klassizistischen Stil neu erbaut. Doch nachhaltig im Gedächtnis geblieben sind die lokalen Kirchweihen. Die „Hosler Kerwa“ der 1718 eingeweihten St.-Ägidius-Kirche zieht sich über 4 Tage hin und beginnt mit einem Tanz, gefolgt von einem Umzug, dem Aufstellen der Kerwa-Fichte und dem Bieranstich, also Maibaumaufstellen, Fasnacht-Umzug und Oktoberfest in einem. Nicht nur die organisierenden „Kerwa-Burschen und -Madli“ müssen da genügend Sitzfleisch mitbringen.
 
Von hier aus weiter zu den 3-Franken-Steinen und nach Aschbach. Ende des 17. JH wurde das dortige Schloss, auch Freiherrlich v. Pölnitzsches Schloss genannt, im barocken Stil als zweigeschossige und zweiflügelige aus Sandsteinquadern erbaute. Schloss und der zugehörige Park befinden sich bis heute im Besitz der Familie Pölnitz. Es ist nicht öffentlich  zugänglich. Zu den weiteren bemerkenswerten Bauwerken in der unmittelbaren Umgebung des Schlosses gehört ein ehemaliges Klostergebäude aus dem 17./18. JH, an das eine Hauskapelle mit Dachreiter aus dem 19. JH angebaut ist, sowie ein Försterhaus und eine Forstkanzlei (Forstamt) aus dem 19. JH. Nach seiner „Kunsthändler-Periode“ mit Haberstock und Gurlitt wurde vom 20.11.1945 bis 1948 im Schloss Aschbach ein Camp für Deplaced Persons (DP) eingerichtet. Dies waren zumeist Überlebende aus deutschen Konzentrationslagern, in diesem Fall 140 junge polnische Juden. In der dort eingerichteten „Ackerbauschule“ wurde sie auf ihre Übersiedelung nach Palästina vorbereitet und erhielten eine Ausbildung in Land- und Milchwirtschaft.

Ironischerweise wurde 1948/49 auch auf dem Pleikershof vor den Toren Nürnbergs, der bisher dem „Frankenführer“ der NSDAP Julius Streicher gehört hatte, ein Lager für bis zu 150 jungen Zionisten, Überlebende aus unterschiedlichen KZs, eingerichtet. Auch hier wurden ihnen landwirtschaftlich Grundkenntnisse  für ihre Übersiedlung nach Palästina beigebracht. Viele von ihnen gründeten dort den „Kibbuz Nili“ als Modell eines neuen gesellschaftlichen Zusammenlebens.

Bevor man in Ebrach mit Rad oder PKW „einfährt“, bietet sich zuvor ein kurzer Abstecher an das, an der Autobahn gelegene Geiselwind mit seinen um den Rathausplatz gruppierten Fachwerkhäusern an. Waren in Aschbach Ende des 2. Weltkrieges Kunstwerke versteckt worden, um sie vor der Vernichtung oder dem Zugriff durch die Besatzungsmächte zu schützen, so werden in Teilen von Ebrachs barocken Klostergebäude seit 1851 Menschen von der Außenwelt weggesperrt. Es beherbergt heute die Justizvollzugsanstalt für Jugendliche Straftäter (JVA).
 
Das Kloster Ebrach wurde 1127 im Mittleren Ebrachtal als erstes rechtsrheinisches Zisterzienser Kloster gegründet. Der romanische Bautrakt wurde ab 1200 um die Kirche mit seiner farbenprächtigen Fensterrosette von zwölf Meter Durchmesser, die nach dem Vorbild von Notre Dame in Paris gestaltet wurde, erweitert. Der „grossartigste frühgotische Bau Deutschlands“ (so der Kunsthistoriker Konrad Dehio) umfasst über 50 Fenster und 26 Altäre.

Der letzte Abt des Klosters, Eugen Montag, fasst die Entstehungsgeschichte 1786 so zusammen: „Zwölf Cistercienser Ordensgeistliche aus der Abtei Morimund in Frankreich kamen dahin und siedelten diesen in der Mitte des Steigerwalds gelegenen Ort stiftungsmäßig an. Sie lebten nach den Regeln des heiligen Benedikt und ihres Ordens Satzungen, lagen dem Gebet und Gottesdienst ob und brachten außerdem durch Arbeit ihrer Hände und milde Zuflüsse ihre Kolonie zum Wachstum und die wilde Gegend ihres Besitzes zur Kultur“.
Durch großzügige Stiftungen und Unterstützungen der Stauferkönige blühte und gedieh der Klosterbesitz weiter und erwuchs zu einem der wohlhabendsten Klöster Frankens. Die „Ebracher Höfe“, Niederlassungen des Klosters in Bamberg, Burgwindheim, Nürnberg und Schweinfurt zeugen heute noch davon. Einer seiner Äbte, Abt Degen, soll 1665 die Silvanerrebe aus Siebenbürgen (Transsilvanien) nach Franken gebracht haben. Weinfreunde danken ihm das heute noch. Anfang des 18. Jahrhundert erfuhr die Klosteranlage Ebrach durch Leonhard Dientzenhofer eine grundlegende Umgestaltung zu einer schlossartigen Barockanlage mit dem noblen Kaisersaal und dem imposanten Treppenhaus. Ende des 18. JH wurde es frühklassizistisch durch Matero Bossi und Johann Peter Wagner weiter so ausgestattet, dass ihr Reichtum ihresgleichen sucht.

1803 wurde das Kloster im Zuge der Säkularisation aufgelöst. Die ehemalige Prälatur, die Privaträume des Abtes, beherbergen heute ein kleines Museum zur Klostergeschichte. In den Räumlichkeiten des ehemaligen Klosters, wie dem barocken Kaisersaal und der frühgotischen Abteikirche, findet seit 1990 alljährlich der von dem Dirigenten und künstlerischen Leiter Gerd Schaller ins Leben gerufene Ebracher Musiksommer, ein klassisches Musikfestival, statt. In der näheren Umgebung kann man weitere Spuren der Zisterzienser erkunden, so in St. Rochus mit seinem alten Siechenhaus, den idyllisch gelegenen Winkelhof bei Ebrach, die Waldsiedlung Schmerb und die Amtsschlösser in Burgwindheim, Koppenwind, Mainstockheim oder Oberschwappach. Essen kann man übrigens hier auch ganz gut. Berühmt sind die Ebracher Karpfenteiche mit ihren schwimmenden Inhalt.

Von der Kultur und Züchtigung zum Gewerbe. Von Ebrach nach Rauhenebrach, insbesondere zu seinem Ortsteil Fabrikschleichbach. Hier wurde 1706 die Schleichacher Glasmanufaktur gegründet, die zeitweilig der Barock Baumeister Baltasar Neumann leitete. Das dort hergestellte Flachglas wurde u.a in der Würzburger Residenz und in Schloss Pommersfelden verbaut.

Nachdem man sich ja in der Grenzlandschaft von Wein- und Bierland befindet, liegt es nahe beide Getränke zu einem zu vermischen. Was sich nach ganz fürchterlichen Kater anhört, soll aber ganz gut schmecken. Michael Bayer, Gastwirt und Brauer „Zum grünen Baum“ in Theinheim hat dies gewagt und den Vinator erschaffen.

Der größte Teil der Wegs wäre damit geschafft. Fehlt zum Abschluss noch die nächste barocke Prachtanlage in Burgwindheim, himmlischer Segen in der Kapelle Heiligblut und schon ist das Abenteuer Steigerwald mit dem Ausgangspunkt Schlüsselfeld beendet.