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Kurpfalz und Kurfranken
Kurpfalz
Kurpfalz
Mit den Augen der Anderen. Auf den Spuren der literarischen Vergangenheit Deutschlands in der Kurpfalz. Der erste Protestant in München bringt Geschichten vom Wein aus der Pfalz mit, Mark Twain sucht alte Sagen vom Neckar und missversteht die Deutschen gründlich. Touristische Romantik pur. Vom weltberühmten Heidelberger Schloss zu anderen Ruinen und Burgen am Ufer des Neckars
 
 

Wittelbacher und die Pfalz

Seit 1180 herrschten die Wittelsbacher ununterbrochen. Erst als Herzöge, dann als Kurfürsten, später als Könige und das nicht nur in Bayern, sondern auch seit fast 600 Jahren in der Pfalz. Der Hausvertrag von Pavia 1329 spaltete die Familie in zwei Hauptlinien auf: in die pfälzer und die bayerischen Wittelsbacher, die im Falle des Aussterbens der männlichen Nachfolge ein gegenseitiges Erbrecht besaßen. Zur erstmaligen Anwendung kam dieser Fall mit dem Tod Max III. Joseph, mit dem die bayerische Linie 1777 erlosch. Sein Pfälzer Cousin  Kurfürst Karl Theodor trat daraufhin die Nachfolge an. Mit der Übernahme verlegte 1778 er auch seine Residenz von Mannheim nach München. Gleichzeitig entstand ein neues Staatsgebilde, die Kurpfalz-Bayern.

Der Hauptsitz der heutigen Universität war im 18. JH das beeindruckendste Residenzschloss am Rheinufer, das mit seinen monumentalen Dimensionen den streng nach Quadraten gegliederten Grundrissaplan der Stadt beherrschte. 1720 wurde unter Kurfürst Carl Philipp nach dem Vorbild Versailles mit dem Bau begonnen, um der neuen Residenzstadt der Kurpfalz einen würdigen Rahmen zu verleihen. Unter Kurfürst Carl Theodor wurde der Bau vollendet. Mannheim entwickelte sich zu einem vielgelobten Ort der Musen, an dem Mozart und Voltaire häufige Gäste waren und an dem Musik- und Theateraufführungen stilbildend weiter wirkten. Auch der Schlossgarten in Schwetzingen, ein Meisterwerk barocker Gartenkunst, wurde auf die Initiative Carl Theodors hin angelegt.
 
Aber auch andere geistige Erneuerer waren in Mannheim ansässig. Wie so oft, erlebte auch der Erfinder und Förderer des Fortschritts und der innovativen Bewegungsform Freiherr von Drais, wohnhaft in Mannheim M 4,9, den Spott seiner Zeitgenossen. Mit der Patentierung und Weiterentwicklung seines Laufrades ab 1817 wurde er zur tölpelhaften Karikatur herabgewürdigt, ein Don Quichotte auf dem Laufrad, der vergeblich gegen Widerstände ankämpfte. Heute fahren Milliarden Menschen auf den Dingern, für die kleinsten von ihnen ist ein Laufrad der erste fahrbare Untersatz. Doch all das kam erst später.
 
Nach dem Umzug Carl Theodors 1778 nach München schwand die Bedeutung der Mannheimer Residenz. Der seines strengen Regimes in Altbayern unbeliebte Kurfürst konnte seinen „Musentempel“ nicht nach München „umverpflanzen“. Als sein Tod (wann)  gegeben wurde, läuteten in Bayern die Freundenglocken und die Menschen jubelten.
 
Die Musen konnte Carl Theodor nicht so einfach umpflanzen wie die Menschen. In der Zeit seiner Regentschaft und auf seinen Intervention bei den Behörden hin erhielt mit dem Mannheimer Wein- und Pferdehändler Johann Balthasar Michel (1755-1818) der erste Protestent in der Stadt München das Büprgerrecht..

„Nach reifer Überlegung und mit der Gewißheit, daß das Recht auf meiner Seite ist, befehle ich hiemit dem meinen Stadtmagistrat, spätest morgen Abends 6 Uhr, dem Handelsmann Michel von Mannheim, das Bürgerrecht zu ertheilen, widrigenfalls ich mich genöthiget sehen würde, die strengsten Mittel zu ergreifen. Für den geringsten Exzess haftet jedes Magistratsmitglied persönlich. Diese meine Gesinnungen befehle ich dem Stadtoberrichter Sedlmayer, dem Magistrat zu bedeuten.“

Einen Tag nach dieser Anordnung, am 30. Juli 1801, erhielt Michel die Einbürgerungsurkunde und eröffnete in der Rosengasse 11b eine Weinschänke. Diese hat jedoch nichts mit der in der Residenz untergebrachten Pfälzer Weinstube zu tun. Dort werden seit 1946 ausschließlich Pfälzer Weine und Spezialitäten ausgeschenkt und angeboten. Eingerichtet wurde sie, nachdem die Pfalz per Verfassungsdekret von Bayern abgekoppelt und in das neue Bundesland Rheinland-Pfalz eingegliedert wurde, um den in Bayern verbliebenen Pfälzer Landsleuten eine Pflegestätte für die kulinarischen Traditionen ihrer Heimat bieten zu können. Bald schon kamen auch die Einheimischen auf ein Viertel 3er oder 6er.
 
Die Geschichte und die Frage wie die Pfalz in das bayerische Staatsgebiet einzufügen sei, hat eine lange Geschichte. Im Zuge der napoleonischen Kriege gelangten weite Teile der Pfalz unter französisches Mandat. Die Pfalzfrage war einer der Streitpunkte auf dem Wiener Kongress 1814/15, auf dem die Neuordnung Europas beschlossen wurde. Mit dem Zusammenbruch des napoleonischen Empire kamen die linksrheinischen Gebiete wieder zu Bayern, nicht jedoch vollem Umfang. Durch die Abtretung von Tirol, Vorarlberg, das Inn- und Hausruckviertel an Österreich bekam Bayern im Gegenzug die bayerische Rheinpfalz zurück, die jedoch vom übrigen Staatsgebiet räumlich getrennt, blieb. Der Versuch einer Landverbindung zwischen Bayern und der Pfalz (Kontiguität“) war neben dem Engagement in Griechenland das außenpolitische Hauptziel König Ludwig I. Er konnte sich damit im Gegensatz zu Griechenland nicht durchsetzen.
 
Die französischen Jahre haben die Pfälzer nachhaltig geprägt. Im Gegensatz zum bayerischen Kerngebiet haben sich viele der von den Franzosen eingeführten Gesetze und Einrichtungen sowie deren Lebensart erhalten. Deshalb waren auch die Pfälzer Abgeordnete neben den neubayrischen Parlamentariern aus Franken stete Unruhequellen im politischen Leben Bayerns. Die Speerspitze dieser Bewegung bildeten die Burschenschaften.
 
Burschenschaften
Während seines Aufenthalts Heidelberg liefen Mark Twain überall „weiße Kappen“ über den Weg. Wen immer er auch von den Trägern fragte, er erhielt nie eindeutige Antworten. So schloss er auf eine Art Geheimloge, die in Hierarchien untergliedert ist, so dass nur der Führungszirkel über alle Antworten verfügen konnte. Bei den Trägern der „weißen Kappen“ handelte es sich um korporierte Studenten der Ruprecht-Karls-Universität, der ältesten Hochschule auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands.
 
Während des Befreiungskriegs 1813 haben sich überdurchschnittlich viele Studenten freiwillig zum Lützowschen Freikorps gemeldet. Zurückgekehrt an ihre Universitäten setzen sie sich gegen die deutsche Kleinstaaterei und für ein Gesamtdeutsches Reich unter Führung einer konstitutionellen Monarchie ein. In ihre Forderungen flossen nationale, christliche und freiheitliche Ideen ein, die die Pflicht des Einzelnen für das Ganze einzutreten, betonten.
 
Auch auf dem Wartburgfest am 18.10.1817 stand der vaterländische Gedanke zunächst im Vordergrund. Aus diesem Grund wurden Bücher von Schriftstellern, die als reaktionär, antinational oder undeutsch galten, verbrannt. Im Nachgang zum Wartburgfest entstand ein einheitliches Programm, das wesentliche Ideen der französischen Revolution wie Einheit, Gleichheit, Rechtssicherheit, allgemeine Wehrpflicht und Rede- und Pressefreiheit, die auch heute im Grundgesetz der Bundesrepublik verankert sind, einforderte. Doch deren Umsetzung ließ auch innerhalb der Burschenschaft auf sich warten. Juden galten als nicht aufnahmefähig. Heinrich Heine, den dies auch betraf, meinte dazu:
 
„Auf der Wartburg hingegen herrschte jener unbeschränkte Teutomanismus, der viel von Liebe und Glauben greinte, dessen Liebe aber nichts anderes war als Haß des Fremden und dessen Glaube nur in der Unvernunft bestand, und der in seiner Unwissenheit nichts Besseres zu erfinden wußte, als Bücher zu verbrennen!“
 
1819 ermordete der ehemalige Burschenschaftler Karl Ludwig Sand, einer der „Unbedingten“, den Schriftsteller August von Kotzebue und bot dem Deutschen Bund die Möglichkeit, studentische Verbindungen zu verbieten. Die daran anschließend formulierten Karlsbader Beschlüsse mahnten Professoren zur entsprechender Denunziation an, widrigenfalls erhielten sie wie die Brüder Grimm Berufsverbot. In Vereinigungen, die auf eine freiheitliche Verinnerlichung burschenschaftlichen Lebens (Arminia) auf ihre Fahnen schrieben, wurden ab 1827 vereinzelt auch Juden aufgenommen. Die stärkere Gegenbewegung war politisch aktiver, radikalrepublikanisch und national gesinnt (Germania). Mit der Julirevolution von 1830 in Paris verstärkte sich auch die deutsche Demokratiebewegung. In der Folge wurden die Karlsbader Beschlüsse in vielen deutschen Staaten gelockert. Nicht so in Bayern, das mit strikter Pressezensur und Versammlungsverboten reagiere. Der Deutsche Preß- und Vaterlandsverein organisierte daraufhin am Verfassungstag, dem 27. Mai 1832, in der Pfalz ein „Volksfest“ vor dem Hambacher Schloss, zu dem 30.000 Teilnehmer kamen und die Einheit Deutschlands einforderten. Die Farben der Burschenschaft Schwarz-Rot-Gold wurden zum Symbol des Strebens nach Einigkeit und Demokratie. 1848 wurden sie zur Staatsflagge erklärt. Das Hambacher Fest ist als Geburtsstunde der deutschen Demokratie in die Geschichte eingegangen. Die Burschenschaften haben sich im Laufe der Zeit jedoch z.T. gegenteilig entwickelt.
 
Vor dem Umzug nach Mannheim, war Heidelberg Residenzstadt der pfälzer Wittelsbacher. Das aus roten Sandstein erbaute Schloss Heidelberg erhebt sich als Inbegriff malerischer Burgromantik hoch über dem Neckartal. Um 1300 war die wehrhafte Burg eines der repräsentativsten Residenzen der Hochrenaissance in Deutschland. Der Ruprechtsbau, der Gläserne Saalbau, der Ottheinrichsbau und der Englische Bau dienten den Wittelsbachern sowohl zu privaten als auch höfischen Zwecken. Die Burg wurde im 17. und 18. JH während kriegerischer Auseinandersetzungen zerstört, ihre Ruine erlebte im 19. JH als romantische Verklärung des Mittelalters ihre nahezu mythische Wiederauferstehung. Dabei wurde auch der Friedrichsbau wiederhergestellt, der heute das Museum zur höfischen Wohnkultur beherbergt. Auf der hohen Terrasse des Schlossgartens finden sich noch Reste des als 8. Weltwunder gepriesenen Hortus Palatinus, dem Garten der Pfalz, den der spätere böhmische „Winterkönig“ Kurfürst Friedrich V. im 17. JH anlegen ließ. Heute befindet sich dort ein Arboretum mit mächtigen Einzelbäumen. Verklärt als romantischste Stadt Deutschlands mit seiner barocken Altstadt, wurde sie als eine der wenigen deutschen Großstädte im Zweiten Weltkrieg nicht bombardiert.
 
Neben den korporierten Studenten hat Heidelberg noch andere kuriose Persönlichkeiten zu bieten, allen voran der „Zwerg Perkeo“. Er ist heute Patron des „Heidelberger Herbst“ und drängt sich jährlich bei den Fasnacht Umzügen ins öffentlichen Bewusstsein. Urvater und Vorbild war der rothaarige Clemens, ein nur 1,10 Meter großer Mensch aus Tirol, der in Heidelberg Dienste für den Pfalzgrafen Carl Philipp leistete. Er folgte ihm nach dem Tod des Kurfürsten Johann Wilhelm nach Heidelberg und wurde dort sein Hofnarr. Geschätzt wurde er wegen seines Humors, seiner Schlagfertigkeit und seines gewaltigen Durstes. Dieser war auch der Grund für seinen Spitznamen. Auf die Frage, ob er noch ein Glas Wein trinken wolle, antwortete er „Perché no!“. Das italienische „Warum nicht“ ist dann zu Perkeo verballhornt worden. Mit seinen Trinkgewohnheiten stand er aber nicht alleine da. Der große Rausch gehörte am kurfürstlichen Hof zur Tagesordnung. Friedrich IV trank mehr als er regierte und wusste nach seinen Festen oft nicht mehr, wie er ins Bett kam. Sein Hofnarr stand im in nichts nach. Seit Tagesquantum soll 15-18 Flaschen betragen haben. Er starb als er nach ärztlicher Verordnung ein Glas Wasser trinken musste.
 
Verewigt wurde er auf einem Gemälde, das im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg ausgestellt ist. Wichtig daran, ebenso wie bei der Statue in der Fußgängerzone, ist der Schlüssel an seiner Seite, der ihn als Wächter des „Großen Fasses“ aus ausweist. Dieses Faß, heute noch im Heidelberger Schloss zu besichtigen, galt früher als weiteres Weltwunder. Mit einem Fassungsvermögen von 220.000 Litern war es das größte Holzfass, das je zur Weinlagerung verwendet wurde. Fertig gestellt wurde es 1751. Auch Victor von Scheffel hat ihn ein literarisches Denkmal gesetzt:

„Das war der Zwerg Perkeo im Heidelberger Schloss.
An Wuchse klein und winzig, an Durste riesengroß.
Man schalt ihn einen Narren, er dachte: „Liebe Leut,
Wärt ihr wie ich doch alle feuchtfröhlich und gescheut.
Die Wahrheit liegt im Weine. Beim Weinschlurf ohne End
Erklär ich alter Narre fortan mich permanent“
 
Von diesen und anderen Geschichten, Sagen und mittelalterlichen Burgen an Rhein und Neckar wurden auch schon im 19. JH Touristen aus Europa und Übersee magisch angezogen. Mit eigenen Augen wollten sie sich von diesen Faszinosa überzeugen. So auch der amerikanische Schriftsteller Mark Twain.
 
Sein erstmals 1880 erschienener Bummel durch Europa (Original: A Tramp Abroad) ist ein halb-fiktiver, satirischer Reisebericht, der seine äußerst erfolgreiche Reiseerzählung Die Arglosen im Ausland (1869) weiterspinnt. In ihr erzählt der Ich-Erzähler, Mark Twain, seine 1878 mit seinem Freund Joseph Twichell unternommene Reise den Rhein und Neckar entlang, mit einen Abstecher nach München und in die Schweizer Alpen. Eigentlich großspurig als Fußreise geplant, finden sie ständig andere Möglichkeiten der Fortbewegung. Twain beschreibt auf dieser Reise den typischen amerikanischen Touristen jener Zeit, der angeblich alles sofort versteht, was er hört und sieht, in Wahrheit aber häufig komplett daneben liegt. Ein kulturelles Missverständnis jagt das andere. Jede einfache Unternehmung wird zu einer aufwändigen Expedition satirisch aufgebauscht. Und dann gibt es da ja noch Die schreckliche deutsche Sprache, mit ihren verwirrenden grammatischen Geschlechtern, den vielen Regeln und Ausnahmen.
 
Aus Mannheim berichtet er von einer vierstündigen Lohengrin Aufführung, deren „Gebumse und Gepauke, Gedröhn und Gekrache“ einfach unglaublich war und sich in sein Gedächtnis wie Zahnschmerzen eingefressen hat. Er kann das deutsche Musik- und Hörverständnis, besonders Wagner Opern, die die deutschen Besucher mit Beifallsstürmen goutiert, in keinster Weise nachvollziehen. Die frenetisch bejubelten Sänger stehen immer paarweise auf der Bühne und „brüllen“ sich an, die Kostüme sind bombastisch,dafür aber ist die Handlung minimalistisch. Twain wohnt auch einer Sonderauführung für Ludwig II. bei, in der dieser bei der Gewitterszene ununterbrochen ein Dakapo, eine Steigerung einforderte, bis die Bühne und die Darsteller völlig durchnässt waren.
 
In Heidelberg angekommen, begegnen ihm diese unerklärlichen „weißen Kappenträger“, in dem dort aufgenommenen Kunstunterricht übertrifft er nach kürzester Zeit seine Lehrer und dann gibt es da noch dieses Schloss, dessen Ruine ideal auf einer Anhöhe liegt, von Wäldern und Terrassen umgeben: „Das Unglück hat für diesen alten Turm getan, was es manchmal für den menschlichen Charakter tut – es hat ihn veredelt“. Sein Anblick ist so überwältigend, dass die alte Sage nach der ein Fremder, der über die Zugbrücke und über den Hof bis zur Schlossfassade geht, ohne etwas zu sagen, einen Wünsch äußern darf, nie in Erfüllung gehen wird. Auch beschreibt er als Höhepunkt die Illumination (=Feuerwerk) des Schlosses, die selten statt und deshalb enormen Zuspruch findet. Dabei verschwindet das Schloss in Rot, ein Anblick, der sich geboten haben muss, als „die französischen Zerstörer die ungeheure Feuersbrunst, die sie da angelegt hatten, verblassen und verschwelen sahen“. Nicht unerwähnt lässt er auch das Heidelberger Fass mit der Größe einer Bauernhütte, das jedoch nie gefüllt wurde und das Resultat 15-jährigen Arbeitens eines englischen Wissenschaftlers war.
 
Höhepunkt ihres Aufenthalts wird eine Neckarwanderung, die sie mit dem Floss von Heilbronn nach Heidelberg zurück führt. Überrascht, dass sie so viele Schlösser und Sagen entdecken, die vor ihnen noch keiner gesehen und von denen bisher keiner gehört hat, machen sie eine Entdeckung nach der anderen. Die Orte sind zumeist alt, vermodert und schmutzig, mit Schweineställen in den Gassen, aber interessant und Essen und Trinken sind oft zufriedenstellend. So kommen sie auch am Hornberg vorbei.
 
Wesentlicher als Ausführungen zu Götz von Berlichingen ist Twain der Bericht einer Lorelei ähnlichen Sage in einer dortigen Geisterhöhle. Diese Sage als Aufhänger schwadronieren er über die eigentliche Rheinssage. Zwar kennt er das bekannte Lorelei-Lied von Heine, doch ist das seiner Meinung nach nur eine verhunzte Übersetzung des Gedichtes eines englischen Bachelor of art, das wesentlich treffender sei. Twain nimmt dabei Inhaltsverschiebungen wie in Übersetzungsprogrammen üblich vor, ähnlich wie sie Axel Hacke in seinem Buch „Im Bann des Eichelhechts und andere Geschichten aus dem Sprachland“ trefflich beschreibt.

Auf die gleiche Weise geht er in Eberbach mit der lokalen Sage der „Brillanten Ruine“ vor. Ohne den eigentlichen Inhalt der Sage zu verstehen, versetzt er eine Rheinsage an den Neckar, verstruwelpetert diese und setzt sie seiner Meinung nach „korrekt“ zusammen. Ein feuerspeiender Drache sorgt in dieser Gegend für große Not. Der Kaiser verspricht dem Ritter, der den Drachen besiegen kann, eine seiner vielen Töchter. Doch alle Ritter scheitern kläglich. Dann kommt ein zerlumpter, abgerissener Mann mit einem Rücksack daher, der sich als Wissenschaftler ausgibt. Alle lachen ihn aus, da es um diese Zeit ja noch keine Wissenschaftler gab. Der Rucksack entpuppt sich jedoch als Feuerlöscher, mit dem der den „Brand“ des Drachen löscht (eine hübsche Vorwegnahme der Ghostbuster-Geschichten). Auf eine Tochter als Dank für seine Mühen verzichtet er, statt dessen fordert er vom Kaiser das Monopol für die Herstellung und den Verkauf von Brillen in Deutschland. Dies ist auch der Grund, warum in Deutschland alle Menschen eine Brille tragen.

Weiter führt die Floßfahrt nach Neckarsteinach. Hier referiert er über sein bzw. das das Sprach- und Kommunikationsvermögen der Amerikaner. Der Ich-Erzähler spricht seiner Meinung nach ein nahezu perfektes Hoch- oder höfisches Deutsch, wird aber von den Einheimischen überhaupt nicht verstanden, versteht diese umgekehrt aber auch nicht. Seiner Meinung liege das an deren Dialekt. Sein Freund kauderwelscht sich mit einer Mischung von Deutsch und Englisch durch und wird wegen gleich klingender Wort (Boot – boat) immer verstanden. Er erklärt sich das aus der Nähe den Plattdeutschen zum Englischen.

Umsonst war diese Reise dennoch nicht. Einige der deutschen Sagen bzw. deren Umdichtungen haben Eingang in seinen erzählerisches Werken gefunden. So verhackstückelt er seine Floßfahrt in Huckleberry Finns Abenteuern und die Kyffhäusersage wird zentrales Motiv seiner Erzählung „Rip van Winkle“.
 
 
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