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Niederbayern
Grenzgänger
Grenzgänger.
Wo lässt sich am leichtesten die Weite der Wälder überblicken? Am Dreisessel, der nicht nur Adalbert Stifter tiefe Einblicke in das Wesen der hier sich treffenden Länder Deutschland, Österreich und Tschechien verschafft hat


Passau Emmerenz Meier Haus © Hans-Jürgen Hereth 2023
Passau, die zweite
Ausgangspunkt ist der Hauptbahnhof. Von hier aus hat man zwei Möglichkeiten nach Waldkirchen zu kommen. Entweder man wechselt die Donauseite um hoch über Passau, dem alten Patavium oder Loandel, wie es die Österreicher nannten, zur dort thronenden Veste Oberhaus zu gelangen. Darunter befinden sich die romantische Gartenanlage Freudenhain mit ihren versteckten Reminiszenzen an seinen Erbauer und die Altstadt auf der Halbinsel zwischen den Flüssen Ilz, Donau und Inn, die mit ihren engen Gassen wie ein steingewordenes Massiv, umkrönt von zentralen Dom wirkt. Auf der Gegenseite die Wallfahrtskirche Mariahilf. Weiter führt der Weg auf den Spuren  des Goldsteigs die Ilz entlang. In der Ilz, die sich durch Bayrisch Kanada schlängelt, hat es noch im 19 JH weiße Perlen gegeben, denen das schwarze Wasser eine geheimnisvolle Farbe verlieh. Da alle gefundenen Perlen dem Herrscher zustanden, wurde ihr Raub mit Handabhacken bestraft. Das muss der heutige Besucher nicht mehr fürchten, doch die geringen Vorkommen der Perlmuscheln stehen unter Naturschutz.
 
Es geht natürlich auch einfacher und zwar mit der am Passauer Hauptbahnhof startenden Ilzbahn. Das Fahrrad eingepackt und sich die Landschaft gemütlich im Vorbeifahren ansehen. Zeit zum Radeln gibt es noch genug.
 
Jetzt ist man aber zunächst einmal in Waldkirchen. Hier gibt dann mehr anzusehen als gemeinhin gedacht. Zunächst einmal das Museum „Goldener Steig“, dann muss man natürlich bei der Meier Emerenz vorbeischauen. Zwar konnte das „schreibende Bauernmädchen“ schon einige Texte veröffentlichen, erhielt dafür auch großen Zuspruch, doch der große Durchbruch gelang ihr nicht. Die wirtschaftliche Not trieb Emerenz Meier schließlich 1906 in die weite Welt. Viel verbessert hat sich ihr Leben in Amerika hier leider auch nicht. Zunächst verstummte dort ihr Schreiben. In ihren langjähriger Briefwechsel mit ihrer niederbayrischen Freundin Auguste Unertl schildert sie ungeschönt ihre Situation als Emigrantin im „gelobten Land“. Neben Lena Christ gilt sie als die bedeutendste bayerische Volksdichterin. 1928 starb sie von einer ungestillten Sehnsucht nach der alten Heimat erfüllt in Chicago. Ihr 300 Jahre altes Geburtshaus in Schliefweg war lange ein zentrales Wirtshaus auf dem Goldenen Steig. Heute ist dort eine Gedenkstätte für die Dichterin eingerichtet. (Waldkirchen-Schliefweg, Büste in Passau am Donaukai nahe Bräugasse 21). Als dichtende und arbeitende Frau war sie sich ihrer Benachteiligung gegenüber den männlichen Kollegen durchaus bewusst:
 
„Hätte Goethe Suppen schmalzen,
Klöße salzen,
Schiller Pflaumen waschen müssen,
Heine nähn, was er verrissen,
Stuben scheuern, Wanzen morden –
Ach, die Herren
Alle wären
Keine großen Dichter worden!
Vor Waldkirchen ist es nur ein kleiner Sprung nach Fürsteneck mit seiner schönen Burg. Hier in der Nähe sollte ein Haus für behinderte Jugendliche eingerichtet werden. Der Pfarrer hetzte die Gemeinde auf und verunglimpfte den Leiter der Einrichtung als „Judensau“. Darauf hin rotteten sich die Dorfbewohner zusammen, vertrieben die „Deppen“, schlugen den Leiter zusammen und zündeten das Haus an. Und das alles wegen der Angst vor Einbußen beim Fremdenverkehr. Wem das alles bekannt vorkommt, erkennt hier ein anhaltend unschönes Muster. Dies geschah 1966 und wurde von dem Schriftsteller Martin Sperr in den „Jagdszenen aus Niederbayern“ und von Alexeij Sagerer in dem Film „Aumühle“ künstlerisch umgesetzt und von großen Medienecho begleitet. Immerhin führte es zu der Gründung der Dr. Loew Schreinermühle, in der Menschen mit Handikap fachgerecht betreut werden können.
 
Jetzt geht es nun aber wirklich los. Her gekommen ist man schließlich um sich auf die Spuren von Adalbert Stifter zu machen. Der nach ihm benannte ungeteerte, 26,6 km lange Radweg verläuft mit einer sanften Steigung auf einer aufgelassener Bahntrasse zwischen Waldkirchen und Haidmühle. Einen Abstecher von Neureichenau zu den Lackenhäusern sollte man aber unbedingt einplanen. Dort, in unmittelbarer Nähe des Dreisessels mit seinem berühmten weiten Dreiländerblick, befindet sich das Rosenbergergut Lackenhäuser mit seinen Adalbert Stifter Gedenkräumen. Sechsmal, insgesamt 370 Tage, hat Stifter dort, oft zusammen mit seiner Familie, als Gast von Franz Xaver Rosenberger gewohnt und Erholung gesucht: „Meine ganze Seele hängt an dieser Gegend. Wenn ich irgendwo genese, so ist es dort“ (Stifter an Rodenberger 17.3.1865). Ein literarisches Denkmal hat er den Rosenbergergut im „Nachsommer“ gesetzt. Und ein Heimat- und Brauereimuseum gibt es hier auch noch.
 
Adalbert Stifter
Der Böhmerwald hat sein literarisches Gesicht durch den 1805 in Oberplan geborenen Dichter Adalbert Stifter erhalten. Schon zu seinen Lebzeiten war die Rezeption seiner Werke zwiespältig. Die einen warfen ihn gleich auf den „Sperrmüll der deutschen Literaturgeschichte“, weil er als Anhänger der „alten Werte“ die Restauration der Biedermeierzeit mit ihrer Mittelalterverklärung bediente, die anderen liebten ihn wegen seiner in der Natur und der Familie gefundenen sanften Gesetzmäßigkeiten, in denen aktuelle Entwicklungen wie Industrialisierung und Verstädterung gänzlich ausgeblendet waren. Was den Einen zu langatmig („Herr der Staubfäden“, Friedrich Hebbel) erschien, das gab den Anderen Trost und Heilung durch die Liebe zur Natur. Stifter schuf in seinen Romanen wie „Nachsommer“ oder „Hochwald“ nicht nur „Bewußtseinsbiotope“, sondern engagierte sich auch für den Erhalt der Kunstdenkmäler seiner Umgebung. Heute ist er mit diesen Vorstellungen aktueller denn je. Die in seinen Romanen geschilderte Ruhe und Sanftmut ließ sich leider nicht auf sein reales Leben übertragen. Seit den 1860er Jahren litt er an psychosomatischen Krankheiten, die bis zu seinem Tod 1868 andauerten. Dennoch konnte er noch ein großes Werk vollenden: „Witiko“.
 
Die Altstadt von Cesky Krumlow, auch Geburtsort der Mutter des Malers Egon Schiele, liegt auf zwei Bergrücken innerhalb einer kreisförmigen Moldauschleife. Seine Burg wurde von den sagenumwobenen Witigonen erbaut, deren Leben und Alltag Stifter in seinem Roman „Witiko“ so originalgetreu wie möglich nachzuempfinden versuchte. So gesehen kann der Roman als Vorform „experimenteller Archäologie“ betrachtet werden. Wesentlicher als historische Fakten war ihm jedoch, das Gefühl der Geborgenheit innerhalb seiner Heimatgeschichte als „ewige Naturordnung“ darzustellen.
 
So unzeitgemäß Stifter durch seine Literatur auch erscheinen mag, an den Angelegenheiten seiner Zeit nahm er dennoch regen Anteil. So wehrte er sich zusammen mit Grillparzer und Keller massiv gegen den Anschluss Bayerns an das deutsche Reich (1871) -  geholfen hat es nichts. Auch der spätere als „Heimholung ins Reich“ aller deutschsprachigen Böhmen (Sudeten) titulierte Anschluss dürfte ihm nicht gefallen haben. Er, ein „wahrer deutscher Dichter“, wurde dafür aber dennoch ideologisch vereinnahmt.
 
Bozena Nemcova
Den tschechischen Gegenpart zu Stifter bildet die 1820 in Wien als Tochter eines Herrschaftskutschers geborene Schriftstellerin Bozena Nemcova. Zusammen mit ihrem zweiten Mann, dem Finanzbeamten Josef Nemec, engagierte sie sich stark in der tschechischen Nationalbewegung. Hier erhielt sie auch wesentliche Impulse selbst zu schreiben. Auch wiederholte polizeiliche Verfolgungen konnten sie nicht mehr davon abhalten. Mit ihren Romanen und Erzählungen wie „Die Sehnsucht meiner Seele“ avisierte sie zur gefühlten „Landesmutter“. Noch heute wird sie, die sich hinter der emanzipierten George Sand nicht verstecken musste, in der Tschechischen Republik hoch verehrt.
 
Nach diesem (notwendigen) Abstecher führt der Stifter-Radweg zu seinem Ende in Haidmühle. Dort befindet sich das Kulamu, die unorthodoxe Abkürzung des Kulturlandschaftsmuseum Grenzlanderfahrung, der Gemeinde Haidmühle, ist das einzige Museum im deutschsprachigen Raum, das eine Landschaft und ihre Geschichte dort zeigt, wo sie beheimatet ist. Diese einmalige (Kultur)Landschaft beherbergt u.a. eine kleine Restgruppe von Birkhühnern, die einzige Population außerhalb der Alpen. Ihre Balzplätze am Zipfel nach Tschechien werden von den Einheimischen “Schnellenzipf“ genannt. Auch der Schreiadler, die Bekassine und der Wachtelkönig fühlen sich sicher. Sogar ein ausgestorben geglaubtes Tier, die Waldbirkmaus, konnte hier wieder entdeckt werden. Kulturlandschaft hin, Kulturlandschaft her, ein hinreichendes Auskommen hat sie ihren Bewohnern selten gebracht. Oft gaben die Äcker mehr Steine her als Ertrag.. Davon zeugen zum einen die markanten Steinriegel am Rande der Felder. Aus diesem Grund wurde auch das Dorf Leopoldsreut vor 40 Jahren von seinen Bewohnern aufgegebenen.
 
Der Bayerische wie der Böhmerwald waren Holzland mit weitläufigen Wäldern. Holz war der Treibstoff des Mittelalters bis hin in die frühe Neuzeit. Unmengen von Holz wurde für die Erweiterung der Städte, die Salzgewinnung, die Eisenverhüttung in der Oberpfalz oder die Glashütten im Bayerischen Wald verbraucht. Allein für ein Weinglas benötigte man drei Raummeter (Ster) Holz. Unzählige Berufe wie die Pechler, die Pottaschesieder, die Borkenreißer oder die Kalk- und Kohlebrenner waren mit der Holzgewinnung und -verarbeitung verbunden. Der Waldboden wurde zudem als Viehweide benutzt. Kein Wunder, dass nach Jahrhunderten maßloser Rodung, von der viele Ortsnamen Zeugnis ablegen (-reuth, -reit, - schwanden), oftmals nur Kahlflächen zurückblieben. Erst die von Herzog Albrecht V. erlassene Bayerische Forstverordnung rückte den Schutz des Waldes und seine nachhaltige Bewirtschaftung in den Fokus.
 
Der Wald war aber immer auch Thema von Mythen, Märchen und Urängsten. Vor den dunklen germanischen Wäldern fürchteten sich schon die römischen Legionäre. Hier herrschten die Wilde Jagd, Weiße Frauen wie im Ebersberger Forst oder Menschen fressende Hexen (wie bei Hänsel und Gretel). Er bot aber auch widerspenstigen Untertanen wie dem Bayerischen Hiasl Unterschlupf und Schutz. Jagen war dem Adel vorbehalten und Wilderei wurde mit dem Galgen bestraft. Erst seit 1946 wurde das Recht auf uneingeschränktes Betreten der Wälder in der Bayerischen Verfassung niedergelegt.
 
Irgendwie musste das Holz seiner weiteren Verarbeitung zugeführt werden. Die gesamte Region auf deutscher Seite gehörte früher zum Besitz der Passauer Fürstbischöfe, für die die Holzwirtschaft eine wesentliche Einkommensquelle war. Dummerweise floss die kalte Moldau Richtung Prag. Um auch Passau mit dem hier geschlagenen Holz versorgen zu können, legten sie auf Höhe der Kreuzbachklause einen Stausee als Zulauf für einen Triftkanal, ähnlich dem Schwarzenberger Schwemmkanal, an, mit dessen Hilfe sie die Europäische Wasserscheide überwinden konnten.. Die 1910 eingeweihte Eisenbahnlinie nach Waldkirchen machte das Triftsystem überflüssig.
 
Waren es auf deutscher Seite des Waldes die Passauer Fürstbischöfe, die die Hosen anhatten, waren es auf böhmischer die Adelsgeschlechter der Rosenberger und Schwarzenberger. Die Rosenberger mit der fünfblättrigen Wildrose im Wappen, führen ihre Herkunft auf Witiko, dem Gründer Krumnaus, zurück. Ihr Vorfahre Peter Wok I. von Rosenberg gründete das Kloster Hohenfurth als Hauskloster, Familiengrablege und militärische Basis. Von dort erweiterten sie beständig ihr Besitzungen. Doch das Glück ward ihnen nur begrenzt hold. Eine der Töchter musste zur Gebietserweiterung einen ungeliebten Mann heiraten. Seitdem spukt die „Weiße Frau“ herum. 1611 war es dann mangels Nachwuchs vorbei mit ihnen. Ihre Nachfolge traten 1660 die Schwarzenberger an. Ursprünglich ein altfränkisches Adelsgeschlecht, wurden sie von Leopold Wilhelm von Österreich für ihre Unterstützung gegen die aufständischen Böhmen mit den Rosenberger Besitzungen belohnt. Ihr Wappen ist weniger zierlich. Seit der Rückeroberung der ungarischen Festung Raab (1598) trägt ihr Wappen einen Raben, der einem Türken ins Auge pickt. Neben den üblichen schwarzen Schafen, glänzte die Familie durch Bildung, ein fortschrittliches Christentum und ihr Eintreten für den Naturschutz. Dem Reichtum hat all dies nicht geschadet. Fürst Karl, der in der Zeit des Kommunismus verbotene tschechische Literatur herausgab, ist mittlerweile stark in der tschechischen Politik engagiert. Sein berühmtes barockes Wiener Palais ist heute ein Nobelhotel.
 
In Haidmühle ist mal wieder eine Entscheidung zu treffen. Entweder zurück nach Passau oder aber den Weg des Holzes auf tschechischer Seite weiterfahren. Doch zunächst muss man dazu die Grenze überschreiten. Der Haidmühle gegenüberliegende Ort heißt Nove Udoli. Wie an den meisten Grenzübergängen zu Tschechien, so gibt es auch hier einen Vietnamesenmarkt, auf den es Crystal oder Metamphetamin zu kaufen gibt. Das weiße, kristalline Pulver wird meist wie Kokain geschnupft, macht extrem schnell abhängig und führt zu Hirnschädigungen und Alzheimer Symptomatiken. 1893 wurde es erstmals in Japan synthetisiert. 1938 brachten es die Temmler-Werke als Medikament unter dem Namen Pervitin nach Deutschland. Mit Kriegsbeginn kam es auch beim reichsdeutschen Militär massenhaft zum Einsatz. Die „Panzerschokolade“, kleine braune Pillen, dämpfte die Angst, nahm bis zu 48 Stunden Hunger, Durst und Schlaf und verlieh das Gefühl der Unbesiegbarkeit. Ein scheinbar ideales Ergänzungsmittel. Auch einige der Nazi-Größen waren abhängig vom „Hitler-Speed“. Nachdem man aber nicht an der Tour de France oder Olympischen Spielen teilnimmt, verzichtet man besser auf diese Leistung steigernden Hilfsmittel und bewegt sich mit der natürlichen Kraft der Beine weiter.
 
Von Haidmühle, in dem die Quellbäche der Kalten Moldau, der Weberaubach, der Goldgrubenbach und der Rothbach, zusammenfließen, geht es rechts nach der Grenze bei Nove Udoli auf den neben dem den Schwarzenberger Schwemmkanal entlanglaufenden Radweg.
 
Da in der aufstrebenden Hauptstadt Wien Bau- und Brennholz extrem knapp wurde, suchte man nach Wegen, leichter an dieses Material zu kommen. Aus diesem Grund gab 1774 der Fürst Schwarzenberg den Bau eines Kanals in Auftrag. 1789 wurde damit begonnen, 2 Jahre später, nach 87 gebauten Brücken, 158 Wasserrinnen, 2 Aquädukten, 22 Schleusen und 20 Steinwehren auf 51,9 km Kanallänge, war er fertig. 1000 Arbeiter haben dies zu Wege gebracht. Doch die größte Leistung bestand darin, die kontinentale Wasserscheide (bei Ruzovy Vrch, dt. Rosenhügel) zu überwinden. Auf dem in der Fremdenverkehrssprache als das „(s)achte Weltwunder“ gepriesenen Kanal wurden bis 1892 fast 8 Millionen Raummeter Holz zur Großen Mühle befördert. Manches Holz kam gar nicht so weit, sondern landete als Brennstoff in einer der vielen Glashütten, von denen auch einige in unmittelbarer Nähe zum Kanal lagen. Späterer Großmeister in Bau von Schwemmlandkanälen wurde der Bad Ischler Walter Schauberger, der in den 1930er Jahren in verschiedenen europäischen Ländern bis zu 50 km lange Kanäle entwickelte und baute. Im Gegensatz zu den bisherigen, gelang ihm ein Transport der Baumstämme mit nur ganz wenig Wasser.
 
In Zadni Zvonkova bzw. Blizsi Lhora verzweigen sich erneut die Wege. Entweder man fährt am Schwemmladkanal bis zu seinem Ende nach Aigen. Im nahegelegenen St. Oswald gibt es eine Möglichkeit eines Radtransfers. Auch von tschechischer Seite aus ist ein Rücktransport mit Dieselloks und Fahrradanhänger möglich. Oder man begibt sich ab dem Aquädukt auf der Höhe von Nova Pec auf die Drei-Länder-Tour. Der Weg zweigt hier nach Rehberg und Schwarzenberg ab und führt über die Teufelsschüssel mit der Adalbert Stifter Quelle, den Adamberg und Frauenberg zurück nach Haidmühle.
 
Am schönsten ist aber die Weiterfahrt zum sich rasch erwärmenden und deshalb zum Baden einladenden Lipno Stausee (Moldau). Doch zuerst gilt es eine ordentliche Steigung zu überwinden (Wasserscheide!). Am See bietet sich ein Abstecher mit der Fähre nach Horni Plana, Oberplan, an, dem Geburtsort von Adalbert Stifter. Weiter geht es am Lipno Stausee entlang.
 


 

Emerenz Meier Haus in Schiefweg © Hans-Jürgen Hereth 2023

Nove Udoli © Hans-Jürgen Hereth 2023
So viel gelesen von und über Stifter. Endlich im Juni 2023 habe ich mich dann auch auf den Weg zu ihm gemacht. Ist natürlich ziemlich schwammig formuliert, aber wo kann man ihn und seine Literatur besser „erfassen“ und „einfangen“ als am Rosenberger Gut, am Dreisessel und am Plöckensteinsee. Die Anfahrt von Passau aus erfolgt über die nur Samstag und Sonntag verkehrende, privat betriebene Ilztalbahn bis Waldkirchen. Von dort ein Einkehrschwung bei Emerenz Meier im nahegelegenen Schiefweg eigentlich ein Muss und wenn es der Zeitplan erlaubt ist der Besuch im Museum Goldener Steig die Kür. Der Weg zum Sehnsuchtsort Lackenhäuser führt über den konstant auf 6% über fast 30 km ansteigenden Adalbert Stifter Radweg. Auch diese alte Bahntrasse fiel dem „Eisernen Vorhang“ zum Opfer. Auf tschechischer Seite führt sie noch bis zur Grenzort Nove Udoli. Verfahren kann man sich bis Haidmühle eigentlich nicht, auch wenn dann genau dieser Ort an seinem Ende nicht ausgeschildert ist. Doch das ist ja erst der Zielpunkt des Tages. Wesentlicher Zwischenstopp sollen die Lackenhäuser sein. Doch wie hinkommen? Auf einem Adalbert Stifter Weg sollten sie doch eigentlich ausgeschildert sein. Denkt der Tourist. Der Touristiker denkt da anders und der Einheimische schickt einem auf den nicht ausgeschilderten, durch den Wald führenden Ewigkeitsweg (genauso heißt er). Also doch weiter die Karte, das Navi (Funklöcher) und andere greifbare Einheimische befragen. In Neureichenau bei der Anfahrt auf den einzigen am Samstag Nachmittag noch offenen Supermarkt endlich ein Verkehrsschild: Lackenhäuser. Nur wie von da nach Haidmühle kommen? Durch den Wald auf dem Ewigkeitsweg? Bei anziehenden Gewitter nicht die ideale Option. Also die knackig ansteigende Ortsdurchfahrt zurück zum Radweg und mit den ersten Tropfen die Unterkunft erreicht. Leider liegt sie etwas außerhalb von Haidmühle und bei dem Sturm kommt man zum einig offenen Lokal nur nass an und nass zurück. Stattdessen selbstgeräucherten Fisch, Brot und Bier. Recht viel mehr braucht es nicht für einen Brotzeit.

In aller Frühe dann die andere Seite des Dreisessels erkunden. Wenn schon nicht begehen, so erfahren. Auf der Karte steht: Ausgangpunkt ist der Parkplatz in Nove Udoli direkt an der Grenze. Dass man noch ca. 2 km bis zum Abzweig fahren muss steht nicht da. Die Mitgäste von gestern aus dem alten Osten, bestbewandert in der Gegend, haben mir erklärt, das erste Wegstück bis zum Schwemmkanal kann man nur schieben. Statt dem erwarteten Trampelpfad erwartet einem dann eine breite Forststrasse die gut befahrbar nach oben führt. Von wegen schieben. Das kommt dann erst als man den Endpunkt des Kanals erreicht. Trampelpfad und hohe spitze Steine. Ohne Mountainbike muss man schon Angst um seine Reifen und Felgen haben. Aber auch diese ersterschwerende Passage ist relativ bald vorbei. Kein Mensch weit und breit. Vögelgezwitscher und Hasen und die Beschilderung natürlich in Tschechisch. Aber Schwarzenberg und Kanal sind auch für den Deutschen ebenso erkennbar wie der nahezu ebene Kanalverlauf. Ein mystisches Märchenland mit Schleusen und vereinzelten Tunnel nimmt den Radfahrer auf. Sobald der Moldaustausee (Lipno Stausee) sichtbar wird, bekommt man auch so langsam Gegenverkehr. Weitere Forstwege erschließen dieses Dreiländereck für den ambitionierten Radsportler, u.a. zum Plöckensteinsee und zum Geburtshaus von Stifter. Dass man dann in Österreich und am anderen Ende des Schwemmkanals ist, merkt man am Weg. Die Strasse uist weit besser in Schuss als auf tschechischer Seite, dafür führt der Kanal kein Wasser mehr. Über das österreichischen Aigen-Schlägl mit seinem berühmten Stift und einer langen 18% Abfahrt kommt man wieder auf einem Rundkurs nach Haidmühle zurück

Märchenland am Schwarzberger Schwemmkanal © Hans-Jürgen Hereth 2023

Wehr des Schwemmkanals © Hans-Jürgen Hereth 2023
Moldaufahrt
War man bisher weit weg von Lärm und Trubel des Massentourismus, so geht es die Moldau flussabwärts weitaus lebhafter zu. Von Vissy Brod mit seinem schönen Kloster aus startet ein reger Flusstourismus mit Paddelbooten und Kanus, der für Tschechen ein „must“ ist. Auch wenn die vielen illegalen Versorgungsstationen mit „flüssigen Gold“ dem Naturschutz geopfert werden mussten, einsam und langweilig wird es einem auf dem Flussabschnitt bis Budweis/Budejovice nicht. Vielleicht steigt man sogar für ein Teilstück auf das Kanu um. Der Rücktransport am Fluss ist gut organisiert und auch mit der Bahn gibt es keine Probleme. Mehrmals täglich verkehren Dieseltriebwagen mit Fahrradanhängern auf den Bahnstrecken. Nur der Einstieg ist meist etwas arg hoch.
 
 
Baden: Halser Stausee an der Ilz, Oberilzmühle, Lipno Stausee
Übernachtung: Burg Fürsteneck, 1. Bier- und Wohlfühlhotel auf Gut Riedelsbach, zwischen Neureichenau und Lackenhäuser, da gibt es auch die „schöne“ Pension Schneewittchen, Haus der Böhmerwäldler, Lackenhäuser; Passau, Veste Oberhaus, JuHe
Einkehrmöglichkeit: Wirtshaus Emerenz Meier, Schliefweg
Sehenswürdigkeiten: Waldkirchen Museum Goldener Steig, Neureichenau, Lackenhäuser und Hirtenmuseum, Schwarzenberger Schwemmkanal