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Oberbayern
Viel Se(h)en Land
Die bayerische Klassiker Runde schlechthin.
Viele Seen laden zum Baden ein und viel zu Sehen gibt es zudem. Man kann Promis und Reiche und Starnberg bestaunen und sich zwischen ihnen als einer von ihnen/vielen im Biergarten des heiligen Bergs der Oberbayern sitzen. Und ein Besuch in der Kirche mit seiner berühmten Reliquiensammlung schadet nichts, kann aber viel helfen.

Oberpfaffenhofen © Hans-Jürgen Hereth 2023
Mit dem Starnberger Bahnhof im Rücken folgt man der halb links vom Bahnhofsplatz abgehenden Wittelsbacherstraße, die nach Überquerung der Hauptstraße (B2) zur Hanfelder Straße wird. Dieser bis Hanfeld folgen. An dem Gestüt rechts in die Allee abbiegen und nach Unterquerung der Bundesstraße links halten. Nach ca. 10 m zweigt eine Schotterstraße nach Hausen ab. Den Ort durchfahren und erneut die Durchgangsstraße in gerader Richtung überqueren. Der Nebenstraße über Oberbrunn nach Unterbrunn folgen und dort links nach Weßling abbiegen. Hier wurde das zweite hölzerne Pferd der Geschichte anlässlich des dort gedrehten Troja-Film 1923 in der Werkstatt der Schreinerei Zimmer gebaut. Die in seinem Bauch ausharrenden Statisten und Schauspieler wurden angeblich mit Hofbräuhaus-Märzen in ihrer Kampfeslust gestärkt.

Unering © Hans-Jürgen Hereth 2023

Gewitter im Anzug © Hans-Jürgen Hereth 2023

Urviecher in Drößling © Hans-Jürgen Hereth 2023
In Oberpfaffenhofen links nach Hochstadt abbiegen und der Straße über Unering und Drößling nach Frieding folgen. Vor der jetzigen Gastwirtschaft, dem Geburtshaus von Georg Queri, sitzt er höchst persönlich in bronzener Gestalt. Bekannt wurde er durch die Bauernerotik. Dass er auch der Herausgeber des „ältesten Oberammergauer Passionsspiels“ ist, ist in Vergessenheit geraten. Begraben ist der „gotische Bauernschädel“ auf dem Friedhof in Starnberg neben Gustav Meyring.
 
In Frieding biegt man rechts nach Widdersberg ab und hat erstmals den Vorausblick auf das Kloster Andechs und wenig später auch auf den Ammersee. Wie im Alpenvorland üblich geht es immer leicht hügelig bergauf und bergab. Das ändert sich nur gravierend, wenn man zum Ammer- und/oder Pilsensee für eine Schwimmpause nach unten fahren möchte. Zwar gibt es im Hotel Zur Post in Herrsching, viele Geschichten von Künstlern und Literaten zu lesen, auch die vom Entstehen des „Andechser Gefühls“, doch der Weg zurück ist schweißtreibend

Sehnsucht nach Andechs © Hans-Jürgen Hereth 2023
Also doch lieber gleich nach Andechs und sich des dortigen Gefühls vor Ort versichern. Eine Kerze spenden kann nie schaden und wenn man sich die überaus umfangreiche Reliquiensammlung auch noch angesehen hat, kann eigentlich nichts mehr schief gehen in nächster Zeit.
Als Reliquien bezeichnet man Überreste vom Körper eines Heiligen oder Gegenstände, die mit ihm in Zusammenhang stehen und verehrt werden. Reliquien, die mit Jesus Christus in Verbindung stehen, werden als Herrenreliquien bezeichnet. Seit der Zeit Kaiser Konstantins im 4. JH werden den wichtigsten Märtyrern Kirchen geweiht und ab dem Mittelalter müssen in jeden Altar Reliquien eingeschlossen sein, die zudem heilend, schützend oder Schaden abwehrend wirken sollen. Auch ihr bloßer Besitz ist erstrebenswert. So entstanden wie in Andechs große Reliquiensammlungen.

Die Anfänge des Andechser Heiltumsschatzes reichen bis ins 10. Jahrhundert zurück. Graf Rasso, Ahnherr der Andechs-Meranier, soll von einer Pilgerfahrt ins Heilige Land die ersten Herrenreliquien, einen Zweig der Dornenkrone und ein Stück vom Kreuz Christi, mitgebracht haben, die zum Grundstock des Andechser „Heiltums“ wurden. Wegen kriegerischen Auseinandersetzungen wurde der Schatz vergraben und geriet so in Vergessenheit. Erst eine Maus mit einem pergamentenen Hinweis im Maul brachte ihn 1388 wieder zum Vorschein. Ihr Kernstück bilden „Die Heiligen Drei Hostien“. Der „Heilige Schatz“ wuchs beständig und erreichte 1715 noch 277 Reliquien, die sich nach der Säkularisation 1803 auf 40 Stücke verringerten. Heute befindet sich ein Teil des Reliquienschatzes im Bayerischen Nationalmuseum in München. Der noch in Andechs befindliche „Schatz“ wird in der „Heiligen Kapelle“ aufbewahrt und kleinen Gruppen im Rahmen von angemeldeten Kirchenführungen zugänglich gemacht.

Tor zu Andechs © Hans-Jürgen Hereth 2023

Andechser Blick nach oben © Hans-Jürgen Hereth 2023
Das Kloster Andechs auf dem „Heiligen Berg“ ist der älteste Wallfahrtsort Bayerns. Seit 1455 kümmern sich die dort ansässigen Benediktiner um geistliche und weltliche Wallfahrer und Pilger, von denen auch heute noch jährlich bis zu 1 Million ihren Weg dorthin finden. Im Bräustüberl, wo nicht nur die 2500 Stammgäste sich ihre Brotzeiten selber holen müssen, herrscht demokratische Gleichheit. Prominenz sitzt neben Otto Normalverbraucher und wird ebenso behandelt. Die Prominenz, der Normalverbraucher sowieso. Dies musste auch der spätere König Ludwig III. und seine Gattin bei einem unangemeldeten Besuch erfahren. Für ihn gab es schlichtweg keinen Platz mehr. Der damalige Braumeister Frater Neubauer konnte ihm deshalb nur raten „die Hoheiten solln si halt aufs Gras hinhaun wie die andern a. A Prinz und a Prinzessin is a nix anders wiera andrer Mensch“.
 
Das Lebensmotto der Mönche lautet: „ora und labora“. Wie ernsthaft die mit dem Beten umgehen, lässt sich schwer nachweisen. Da sie aber keine Kirchensteuermittel erhalten, mussten sie sich selbst versorgen. Und dies mit Bravour. Andechs ist die größte Klosterbrauerei in Deutschland und konzernunabhängig. Berühmt und berüchtigt sind seine Bockbiere, bei deren übermäßigen Verzehr es auch schon einmal laut werden kann. Das gehört zum Grundton. Passend dazu sei eine Anekdote aus der Herrschinger Post angemerkt: Bertolt Brecht und Karl Valentin sollen beim dortigen Wirt um einem ruhigen Tisch nachgefragt haben „Wenn’s as ruhig ham mögts, dann gehts besser an Friedhof aufe, oder nüba zum Friseursalon.“ soll dieser ihnen darauf geantwortet haben.
 
Für die meisten Besucher hat die Wallfahrt nach Andechs andere als religiöse Gründe. Hier pilgert man ganzjährig meist nur zum berühmten Bier. Busladungen, Dauercamper und ein voller Parkplatz zeugen von dieser Anziehungskraft. Das Kloster hat auch ein Seminargebäude zu bieten, bei dessen Veranstaltung auch der ehemalige Chef des Klosters, der Prior Anselm Bilgri, als Gast Vorträge halten darf. Seine frühere mediale Dauerpräsens hat nicht allen gefallen. Bilgri hat schließlich sein Amt niederlegt und Papst Franziskus hat ihn inzwischen formal wegen „Verharrens in Kirchenspaltung“ aus dem Klerikerstand entlassen. So befreit konnte er schließlich auch endlich seinen Mann heiraten. Auch in der Kirche muss man manchmal erst zu seinem Glück gezwungen werden. Obwohl es hier am „heiligen Berg“ manchmal etwas überlaufen ist, schön ist es trotzdem und der Biergarten oder das Bräustüberl will trotzdem besucht werden.
Der Rückweg führt zunächst über den Radweg, der parallel zur Straße nach Starnberg verläuft. Wenig später zweigt eine Schotterstraße rechts ab, der man mit Ausschilderung Aschering/Pöcking folgt. Was jetzt aussieht wie die Kopie von Andechs nur ohne Berg, entpuppt sich beim Vorbeifahren als JVA mit angeschlossener Landwirtschaft. Folgt man diesem Forstweg bzw. der bisherigen Ausschilderung gelangt man an Seewiesen vorbei. Dort befindet sich seit 1955 das Max-Planck Institut für Ornithologie und Verhaltensforschung. Hier konnte der spätere Nobelpreisträger Konrad Lorenz seine schon 1937 begonnenen Forschungen der Prägung von Gänsen und Enten umsetzen und wissenschaftlich fundamentieren. Sein langjähriger Mitarbeiter Irenäus Eibl-Eibelsfeldt folgte ihm 1975 als Leiter des MPI nach und führte dort u.a. den Schweinebraten im papua-neuguineischen Erdofen ein.

Hadorf Brunnen © Hans-Jürgen Hereth 2023
Wissenschaft verläuft nicht immer geradlinig und kommt manchmal ziemlich mühsam zu einem Ergebnis. Ähnlich verhält es sich mit diesem Wegstück bis Aschering. Der Weg ist holprig, von größeren Steinen durchsetzt und bei Regen bilden sich an den Aufstiegen/Abfahrten unangenehme Querrillen. Also aufgepasst! In Aschering folgt man der Ausschilderung zum Maisinger Weiher. Hat man die bisherigen 4 Seen ausgelassen bietet sich nun die vorletzte Gelegenheit. Dieser wunderbare Moorsee ist selten überlaufen, obwohl er nur eine kleine Badestelle hat. Gleiches gilt für den Maisinger Seehof. In Maising kann man entweder über die Burg Starnberg oder über Söcking zum Ausgangspunkt zurückkehren.

Maisinger See © Hans-Jürgen Hereth 2023

Achering Bauerngarten © Hans-Jürgen Hereth 2023
Das Museum Starnberger See mit seinem hübschen Garten ist immer einen Besuch wert. Herausragend innerhalb der Dauerausstellung Ausstellung ist die einzigartige höfische Schifffahrt der bayerischen Herzöge und Könige. Seit dem 16. JH diente der Würmsee (heute Starnberger See) als Kulisse für glanzvolle Festlichkeiten und Jagden, die europaweit Beachtung und Bewunderung fanden. Eine der größten Feierlichkeiten fand 1722 statt. Drei Wochen dauerte die Hochzeit des bayerischen Kurprinzen Karl Albrecht mit der Habsburger Kaisertochter Maria Amalia, bei der auch die Lustflotte zum Einsatz kam, darunter das wohl bekannteste und größte aller bayerischen Prunkschiffe, das kurfürstliche Leibschiff, der sogenannte Bucentauro. Am 26. Oktober lag die kurfürstliche Prunkflotte im Halbkreis bei Schloß Berg vor Anker. Verfolgt von Hunden wurde als Finale einer Parforcejagd ein kapitaler Hirsch ins Wasser getrieben, der dort als „plaisir infini“ der Hofgesellschaft seinen Todeskampf führte. Erfunden hat diese Kombination aus Treibjagd und Parforcejagd, bei der von Schiffen aus auf das ins Wasser getriebene Wild geschossen wurde, der „blaue Kurfürst“. Den Hirsch hat man später wohl verspeist. Denn erwachsene Rothirsche und kapitale Keiler kamen nur zu besonderen Anlässen auf den Tisch, meist begnügte man sich mit Niederwild wie Kaninchen, Frischlingen, Hirschkälbern, Rehen und Hasen.
 
Was fehlt noch nach dieser bayerischen Klassiker Runde? Vielleicht ein Bad im Starnberger See beim Undosa oder eine abschließende Seerundfahrt mit dem Dampfer?

Für die aus München kommenden Sommerfrischler wurde bereits Mitte des 19. Jahrhunderts in unmittelbarer Nähe zum Stadtzentrum und zum Bahnhof ein Seebad eingerichtet, das 1905 um das Undosa-Wellenbad erweitert wurde. Mit dieser bis dahin unbekannten technischen Neuerung, wollte man den stark wachsenden Besucherstrom eine neue Attraktion bieten. Sein Dach diente als Sonnenterrasse und um die Illusion eines maritimen Bades zu verstärken, wurde vom Main Sand herangeschafft und ein künstlicher Strand aufgeschüttet, auf dem Strandkörbe aufgestellt wurden. Hohe Eintrittspreise sicherten seine Exklusivität und Kindern war der Eintritt nur am frühen Nachmittag erlaubt, wenn nur wenige Erwachsene im Bad waren. 1981 wurde das Bad wegen Baufälligkeit abgerissen. Heute besteht nur noch der Restaurationsbetrieb.


Sehenswürdigkeiten: Udosa Starnberg, Museum Starnberger See, Kloster Andechs, Maisinger Weiher
Einkehrmöglichkeiten: Kloster Andechs, Hotel Post Herrsching, Udosa Starnberg, Maisinger Seehof
Baden: Maisinger Weiher oder in einbem der vielen anderen Seen